ZERO“ Neues Stück von Gardi Hutter + Michael Vogel
Hanna, das clowneske Alter Ego von Gardi Hutter, hat in bislang neun Stücken aus immer anderen Werkstätten komische Geschichten übers Scheitern erzählt- ob Wäscherin, Hexe, Maus, Sekretärin, Zirkusclown, Schaustellerin, Souffleuse, Schneiderin - alle finden ein tragischkomisches Ende. Getoppt nur im letzten Stück, Gaia Gaudi: nach einer lustvollen Verwesung verschwindet Clown Hanna in einem Koffer und wird aus der Welt geworfen.
Nun schwebt sie als Geist im leeren Raum. Quasi in destillierter Form. Quasi als Essenz. Quasi.
Das grosse Scheitern – oder die grosse Freiheit?
Gardi Hutter will hier weiter fantasieren und zusammen mit Michael Vogel ihr zehntes Stück kreieren. Alles übers Nichts.
Schauspielerin und Regisseur stellen sich in den leeren Raum und durchstöbern das Nichts. Nix Ding, nur Welle. Wenn kein Bühnenbild eine stabile Basis liefert, muss reine Vorstellungskraft die Räume erschaffen. Und wenn nicht Worte zu Eindeutigkeit führen, kann das Fühlen im Ambivalenten vagabundieren.
Figuren erfinden sich und verschwinden. Dramen tauchen auf und explodieren. Lacher hüpfen hoch und verglühen. Werden und vergehen, blühen und verwelken, erschaffen und zerstören, gebären und töten.
Alle sind wir Geborene und dann, irgendwann, Verstorbene. Memento mori – wie hypnotisiert schauen wir auf unser Ende, bemühen Kunst, Philosophie, Religion, Wissenschaft - und können es doch nicht ändern. Anstatt das Leben vom Ende her, wollen wir es in ZERO vom Anfang aus betrachten. Unser Focus liegt beim Gebären, Erschaffen, in der Schöpfung: wie wird aus dem Nichts ein Etwas. Aus 0 eine 1.
Der Geburtsakt kommt in der Kunst kaum vor, und wenn, dann sitzt das Kind schon gewaschen auf dem Mutterarm. Das Heldenepos erzählt vom Schlachtfeld, nicht vom Wöchnerinnenbett.
Obwohl wir bei unserer Zeugung zweifelsfrei dabei waren, wenigstens im Finale, haben wir keine Ahnung, wie etwas geworden ist, was vorher nicht war: plopp, da bin ICH!
Dieses Aufploppen von Ideen, Bildern, Assoziationsketten, roten Fäden – ist der Stoff aus dem Theater entsteht. Etwas ist da und ist nicht da. Alles ist nur Spiel. Ist geteilter Fake.
Das gemeinsame emotionale Erleben ist trotzdem echt, weil die Zuschauer die eigenen inneren Bilder verlebendigen. Sie leiden mit, sie lachen, sie lassen sich berühren – und verzaubern.
Buch: Gardi Hutter – Michael Vogel
Spiel: Gardi Hutter
Regie: Michael Vogel (Artist. Direktor Familie Flöz)
Komposition: Neda Cainero
Musik: Neda Cainero, Pino Basile, Juri Cainero
Registration: Theo Bernardi
Kostüm: Valentina Rinaldi, Melanie Kuhl
Perücke: Nina Kleine
Lichtdesign:
Grafik: Stephan Bundi